Es war mal wieder soweit. Nachdem ich letztes Jahr auf dem Malerweg Blut geleckt habe, stand auch dieses Jahr außer Frage, wieder eine Woche Wanderurlaub einzulegen. Über das „Wo“ musste ich mir auch keine großen Gedanken machen, hatte ich doch letztes Jahr in Stadt Wehlen beim Frühstück die Empfehlung bekommen, den Harz zu durchwandern, genauer gesagt den Harzer-Hexen-Stieg.
Auf der Hauptroute führen rund 95 km von Osterode in Niedersachsen über den 1.142 m hohen Brocken nach Thale in Sachsen-Anhalt.
Das Profil der Strecke schien im Vergleich zum Malerweg nicht allzu schwierig. Zwar ging es die ersten Etappen stetig bergauf mit dem höchsten Punkt auf dem Brocken, jedoch schien es danach recht gleichmäßig zu werden.
Nach den letztjährigen Erfahrungen zur Etappengestaltung, als mir die eine oder andere Etappe doch zu kurz war, wollte ich die 95 km diesmal in 5 Etappen einteilen. Dass dies im Zusammenhang mit dem Profil für meine Wanderqualitäten doch ambitioniert war, sollte ich aber erst später merken 😉
Das war also der Plan:
– Anreise nach Osterode per Bahn (von Soest in knapp 4 Stunden trotz 4-maligem Umsteigen problemlos machbar) am 21.06.13
– Etappe 1 von Osterode nach Altenau am 22.06.13, über ca. 29 km
– Etappe 2 von Altenau zum Brocken am 23.06.13, über ca. 16 km
– Etappe 3 vom Brocken nach Rübeland am 24.06.13, über ca. 26 km
– Etappe 4 von Rübeland nach Treseburg am 25.06.13, über ca. 18 km
– Etappe 5 von Treseburg nach Thale am 26.06.13, über ca. 10 km
– Rücktransport nach Osterode und Rückreise nach Soest am 27.06.13
Hier geht nun also los. Viel Spaß beim Lesen!
Tag 1, 21.06.13
Anreise Soest – Osterode
Die Abfahrt ab Soest sollte um 16:04 Uhr sein. Dass hieß zeitig Feierabend zu machen. Alles Notwendige war bereits am Vorabend gepackt, die Tochter fuhr mich zum Bahnhof und der Zug kam pünktlich. Der Start war also schonmal gelungen!
Insgesamt war die Anreise schon abenteuerlich. 4 mal umsteigen lassen zumindest keine Langeweile aufkommen. Und wenn das auch noch in solchen Orten wie Kreiensen oder Seese passiert, lernt man schon die Welt kennen. Aber da ich die Karten so zeitig gebucht haben, war der Preis für Hin- und Rückfahrt so günstig, dass das Auto einfach nicht in Frage kam. Auch war jeder der 5 einzelnen Züge auf die Minute pünktlich, sodass ich planmäßig um kurz nach 20 Uhr in Osterode ankam.
Nach einem kurzen Weg durch Osterode…
…war ich auch schon in meinem ersten Hotel „Zum Röddenberg“. Der Empfang war reserviert aber das Zimmer war in Ordnung und mehr wollte ich ja auch nicht. Abends gings noch zum Chinesen und nach der ausgiebigen Nutzung des All-You-Can-Eat-Buffets freute ich mich auf das, was mich die nächsten 5 Tage erwarten sollte.
Tag 2, 22.06.13
Etappe 1 Osterode – Altenau
Länge 29 km
Der erste Blick aus dem Fenster verhieß Gutes! Das Wetter spielte mit.
Nach einem guten Frühstück ging es los. Zunächst wieder einen knappen Kilometer durch Osterode…
…bis zum Beginn des Hexenstiegs.
Es ging sofort bergauf auf den Butterberg. Immer wieder lohnte sich der Blick zurück nach Osterode, das immer kleiner wurde.
Oben angekommen gabs gleich wieder ein wenig Nachhilfe in Sachen deutscher Literatur, denn auch Heinrich Heine war einer meiner Vorgänger auf dieser Reise.
Auf alten Eselspfaden, auf denen von der früheren Handelshochburg Osterode Eselskarawanen die Menschen im Oberharz mit Getreide versorgten, ging es zum Eselsplatz. Bis dahin habe ich auf 2,5 km schon 240 Höhenmeter überwunden.
Auf der gesamten Strecke gab es immer kleine Stempelhäuschen an markanten Plätzen. Sammelt man genug davon in einem kleinen Infoheftchen, als Beweis, den Harz auch durchwandert zu haben, bekommt man die „Harzer-Wandernadel“ verliehen. Eine nette Auflockerung der Wanderung, verbunden mit vielen kleinen Informationen.
Weiter ging es über gut zu laufende Wege. Andere Wanderer begegneten einem kaum. Vielleicht lag es an den Hexen, die man in den Baumwipfeln hören konnte, vielleicht auch an anderen blutrünstigen Dingen in den Wäldern.
Nach knapp 6 km kam ich an ein nächstes Stempelhäuschen, so dachte ich. Aber es war eine Art Gästebuch, in der die Wanderer Namen und Ziel eintragen konnten. Heute war ich also schon der 4. Eintrag und dabei dachte ich, dass ich früh unterwegs gewesen wäre. Schade, dass keine Uhrzeiten dabei standen, so hätte man erkennen können, wann einem die anderen Wanderer über den Weg laufen könnten. Aber zumindest bei Eberhard aus Stendal ist das in den nächsten Tagen noch passiert. Aber dazu später mehr.
Ab da dauerte es nicht mehr lange und ich erreichte das „Kulturdenkmal Oberharzer Wasserregal“, von dem ich zugegebener Maßen das erste Mal in der Vorbereitung dieser Wanderung hörte. Hier dienten in der Zeit von 1540 bis 1750 erbaute 150 Teiche, mehr als 500 km Gräben und 30 km Wasserläufe dem Wassertransport vom Brocken um den Bergwerken in Clausthal-Zellerfeld Wasserenergie zu liefern. Unter Denkmalschutz stehen heute 65 Teiche, 70 km Gräben und 21 km Wasserläufen, die unterhalten werden und voll funktionsfähig sind. Eine faszinierende Ingenieursleistung vor weit über 300 Jahren, die mich nunmehr über Stunden begleiten sollten.
Weiter ging es über den Sperberhaier Damm. Ein vor über 300 Jahren geplantes und gebautes Aquädukt, um das Wasser des Dammgrabens über das Tal zu bekommen. Mit den Mitteln der damaligen Zeit (Schüppe, Hacke, Schubkarre) wurde ein 23 m hoher und über 2 km langer Damm aufgeschüttet. Eine einmalige Leistung der damaligen Zeit.
Am Ende das Damms war schon sehr bald das Dammhaus erkennbar, ein Café- und Biergarten, der mich magisch anzog. Die verdiente Belohnung für die bisher zurückgelegte Strecke wartete auf mich…..
Frisch gestärkt ging es auf die letzten rd. 8 km des Tages entlang des Dammgrabens, vorbei an einer Eisenquelle zum heutigen Ziel nach Altenau.
Natürlich bin ich auf dem Weg zur Pension „Landhaus am Kunstberg“ wieder falsch abgebogen und bin meinen schon obligatorischen Umweg gegangen. Aber ich bin doch irgendwann angekommen. Der Wirt war gerade nicht da, aber für mich war schon alles vorbereitet.
Das Landhaus ist eine typische Frühstückspension aber es gab einen Bierkühlschrank und auch ein kleines Schwimmbad im Haus, das ich natürlich noch genutzt habe. Abendessen gab es im Ort und zum Abschluss ein Feierabendbier auf dem Balkon.
Am nächsten Tag sollte es auf den Brocken gehen. Ich war schon sehr gespannt und freute mich nach dieser langen Etappe aber auch auf mein Bett.
Tag 3, 23.06.13
Etappe 2 Altenau -Brocken
Länge ca. 16 km
Der Berg ruft! Heute sollte es für mich zum ersten Mal auf den „Berg der Deutschen“ gehen. Höhenunterschied von Altenau bis zum Brocken ca. 600 – 700 Meter. Also auf gehts!
Der erste Blick aufs Wetter zeigte Wolken aber es war trocken.
Das Frühstücksbuffet war reichhaltig und lecker, im Lunchpaket war sogar ein Schierker Feuerstein (dieses Tröpchen sollte mir noch mehrfach begegnen 🙂 ), sodass es gut gestärkt losgehen konnte. Beim Frühstück ist mir allerdings aufgefallen, dass es sehr ruhig im Raum war. Neben mir waren noch 3 Paare und ein einzelner Herr und es wurde kaum ein Wort gesprochen. Schon merkwürdig. Wer der einzelne Herr war, habe ich aber sehr bald herausgefunden.
Die Strecke führte aus Altenau heraus immer am Dammgraben (zur Erinnerung: der künstliche Graben, der das Wasser vom Brockenmassiv in das Oberharzer Wasserregal transportiert) entlang Richtung Torfhaus, von wo aus der eigentliche Brockenaufstieg begann. Ein herrlicher Streckenabschnitt mit schmalen Wegen und über Stock und Stein.
Unterwegs traf ich wieder den einzelnen Herrn vom Frühstücksbuffet heute morgen. Da wir offensichtlich den gleichen Weg hatten, gingen wir ein wenig der Strecke gemeinsam weiter. Schnell stellte es sich heraus, dass es Eberhard aus Stendal war, der sich gestern kurz vor mir in dem Gästebuch am Wegesrand verewigt hatte. Die nette Unterhaltung war in Torhaus aber zunächstmal beendet (nicht ohne, dass wir uns gemeinsam wieder ein kleines Stück verlaufen haben), da er sich noch ein wenig im Ort umsehen wollte, mich aber der Berg noch immer rief. Aber da auch er im Brockenhotel übernachten wollte, haben wir uns für den Abend auf ein Bier verabredet.
Ab Torhaus veränderte sich die Landschaft. Der dichte Wald wurde lichter und in der Ferne war der Brocken bereits erkennbar.
Direkt hinter Torhaus zweigte auch die Strecke der Brockenumgehung ab, für alle, die sich den Aufstieg nicht zutrauen. Die müssen dann aber eine 13 km längere Strecke in Kauf nehmen. Es gibt halt nichts geschenkt.
Für mich ging es aber weiter Richtung Brocken. In der Ferne war immer mal wieder das Schnaufen der Brockenbahn zu hören und manchmal war sie in der Ferne auch zu sehen. Leider ist das auf den Bildern nicht erkennbar.
Ungefähr auf halber Höhe des Aufstiegs erreichte ich den Eckersprung, die Landesgrenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt oder früher halt der Todesstreifen. Diesen kann man übrigens auch entlangwandern und nennt sich heute „grünes Band“. Von einer Grenze ist nichts mehr erkennbar. Die Natur hat sich alles zurück erobert. Nur eine Infotafel erinnert noch an die dunkle Geschichte.
Kurz danach ging es auf alten Betonplatten steil bergauf. Das sind Reste des ehemaligen Kolonnenwegs, der auf DDR-Seite der Grenzsicherung diente. Heute kraxeln dort Wanderer und Mountainbiker den Brocken hoch. Die Nutzung gefällt mir deutlich besser.
Am Ende des Kolonnenwegs hat man schon mal einen herrlichen Blick über den Harz und trifft auch das erste Mal auf die Strecke der Brockenbahn.
Leider fuhr ausgerechnet da keine Bahn vorbei. Aber das sollte sich bald wieder ändern. Alle Eisenbahnromantiker klicken einfach mal hier:
Kurz danach ging es an den Abzweig, an dem es morgen wieder zu Tal gehen sollte. Für mich ging es aber zunächst noch rund einen Kilometer ordentlich bergauf, um den Brockengipfel zu erreichen. Ab hier nahm auch die Zahl der Sonntagsausflügler deutlich zu und zu allem Überfluss schossen auch noch die Radfahrer, die sich mühsam bergauf gequält haben, nun in einem höllischen Tempo zwischen den ganzen Fußgängern bergab. Ein Wunder, dass da nicht mehr passiert….
Auf dem Bild unten links ist das Hotel zu sehen.
Als ich einchecken wollte wusste die Dame an der Rezepion schon Bescheid, denn Eberhard hat mich bereits angekündigt. Keine Ahnung, wann er mich überholt hat. Das muss passiert sein, als ich mich zunächst ein wenig auf dem Gipfel umgesehen habe.
Nach dem Besuch des Brockenhauses, einem Museum über die Geschichte des Berges und seiner Nutzung, wollte ich auf alle Fälle nochmal den Rundweg um den Gipfel gehen, der entstanden ist, als nach der Wende die um das Sperrgebiet bestehende Mauer abgerissen wurde. Nochmal 2,5 km, die sich gelohnt haben.
Abends war ich mit Eberhard im Hotelrestaurant im 7. Stock auf unsere Tagesbelohnung verabredet. Nachdem erst noch ein leichter Schauer für einen schönen Regenbogen sorgte, zog es anschließend innerhalb von Minuten zu, sodass man die sprichwörtliche Hand nicht mehr vor Augen sehen konnte.
Da blieb nicht mehr viel, als nach der einen oder anderen Belohnung müde nach einem schönen Tag ins Bett zu fallen. Morgen sollte es gut 26 km bergab nach Rübeland gehen.
Tag 4, 24.06.13
3. Etappe Brocken – Rübeland
ca. 26 km
Früh war ich heute wach, sehr früh. Aber genau passend zum Sonnenaufgang, der laut Aushang im Hotel um 4:57 Uhr sein sollte. Aber ein Blick aus dem Fenster hat mich sofort wieder ins Bett fallen lasse. Mit einem schönen Sonnenaufgang war es nicht weit her, der Nebel des Vorabends hat sich nicht verflüchtigt. Eigentlich kein Wunder, denn die durchschnittliche Zahl der Nebeltage auf dem Brockengipfel liegt bei unglaublichen 306 Tage im Jahr! Also noch ein wenig dösen, bis es Zeit zum Frühstück wurde und der Abstieg beginnen konnte.
Eberhard war ein wenig vor mir startklar. Ich sah ihn zwar noch hier und da auf den langen Geraden, aber als ich in den Dschungelsteig, ein 200 m langer Holzbohlensteg in den Wald hinein abbog, war er aus meinem Blickfeld verschwunden.
Wie gesagt, begann der Abstieg wieder im Nebel und bei ordentlichem Wind. Jedoch jeden Meter, den ich tiefer kam, klarte es auf und wurde es wärmer, sodass ich bald meine Regenjacke ausziehen konnte.
Einen kleinen Abstecher von der „Autobahn“ musste dann doch mal sein und da bot sich der „Urwaldsteig“ an. Nichts besonderes aber zumindest kein Asphalt mehr unter der Sohle…
Es nützte aber alles nichts, es ging auf dem Asphalt immer weiter zu Tal. Irgendwann war aber auch die Strecke geschaft und ich durfte wieder in den Wald abbiegen. Vorbei an Schutzhütten, in denen offensichtlich übernachtet wird. Sehr genügsam, das Jungvolk.
Urplötzlich stand ich vor einem Stempelpunkt namens Trudenstein und hatte ein déja vû. Ein Bild wie im Elbsandsteingebirge.
Von oben hatte man einen tollen Blick in das Tal und man hörte auch wieder die Brockenbahn hupen.
Immer weiter ging es bergab und wie ich letztes Jahr schon feststellen musste, ist das definitiv nicht meine Richtung, zumindest ohne Stufen. Teilweise war es sehr steil, so dass mir unten in Drei Annen Hohne die Knie brannten. Aber der Anblick der sich dort bot, entschädigte für die Schmerzen.
Erst war dort ein Treffpunkt holländischer VW-Fans. Aber nicht irgendwelche VW. Alte Käfer und alte Bullis. Schaut sie euch an:
Und direkt auf der anderen Straßenseite war der Bahnhof der Brockenbahn und es fuhr auch tatsächlich gerade eine Bahn los.
Ab hier hatte ich noch ca. 15 km bis zum Tagesziel in Rübeland vor mir. Die Knie schmerzten und der Magen knurrte. Es war also Zeit für eine zünftige Brotzeit. Außerdem macht so eine Brotzeit immer den Rucksack deutlich leichter. Mein Ziel war also die nächste Bank, die jedoch ewig auf sich warten lies. Und als sie dann endlich in den Blick kam, war sie besetzt. Doch hier darf mal kurz geraten werden, wer dort saß. Richtig! Eberhard aus Stendal, der offensichtlich die gleiche Idee hatte. 😀
Zwar gingen wir hier nochmal getrennt weiter, vorbei an der Kreuzung der Brockenumgehung, Richtung Königshütte. Aber jeder Meter tat heute weh, sodass ich in Königshütte eine Kuchenpause einlegte.
Gemeinsam ging es die letzten sehr schönen Kilometer vorbei an der Abzweigung zur Südroute durch enge Schluchten und über zahlreiche Hügel bis nach Rübeland.
Im Hotel Bodetal erwartete uns ein sehr unterhaltsamer Wirt und nach ein paar gemeinsamen Getränken bin ich sehr müde ins Bett gefallen. Die nächste Etappe war mit 18 km recht kurz, aber es war gut, dass wir da noch nicht wussten, was uns erwarten würde.
Tag 5, 25.06.13
4. Etappe Rübeland – Treseburg
ca. 18 km
18 km, das ist doch fast eine Sprintstrecke nach den Erfahrungen der letzten Tage. Das war zumindest unsere Vorstellung, die wir beim Frühstück hatten. Und da so eine Wanderung zwar sehr schön ist, hat sie aber doch einen entscheidenden Nachteil: Man sieht relativ wenig der Sehenswürdigkeiten links und rechts der Strecke. Dass wollten wir nun in Rübeland ändern und haben uns verabredet, eine der beiden Tropfsteinhöhlen zu besichtigen. Zeit sollten wir ja bei der Kürze der Strecke ausreichend haben.
So standen wir also um kurz nach 9 frohgelaunt an dem Eingang zur „Baumanns Höhle“. Die erste Führung sollte um 9:40 beginnen und wir meldeten uns an. Es ist eine sehr schöne Höhle mit einem großen Saal für 250 Zuschauer in dem auch Theater- und Musikaufführungen stattfinden. Das ist bestimmt ein Erlebnis.
Der Höhlenführer Alex hatte einiges zu erzählen, mal mehr und mal weniger interessant, insgesamt war es aber eine schöne Führung, die nach einer Stunde schon wieder vorbei war. Hängengeblieben ist mir allerdings der Satz „Achten Sie auf die Deckenhöhe!“ den er mantraartig wiederholte. An diesen Satzt musste ich den ganzen Tag immer wieder denken, wenn ich unter tiefhängenden Ästen durchmusste. Das Prinzip der Werbung: ständige Wiederholungen bleiben sitzen. Das ist wie bei dieser Glasfirma, die repariert und austauscht. Aber ich schweife wieder ab.
Um kurz vor 11 ging es also los, Ziel Treseburg. Eberhard wollte noch jemandem telefonisch zum runden Geburtstag gratulieren, also ging es wieder alleine auf den Weg. Aber uns war schon klar, dass wir uns wieder über den sprichwörtlichen Weg laufen werden.
Es ging erstmal wieder am Hang lang, vorbei an der zweiten großen Höhle im Ort, der Hermanns Höhle, um dann recht bald wieder direkt an der Bode entlang Richtung Neuwerk zu wandern.
Bis dahin eine unspektakuläre aber schöne Strecke. Neuwerk ist ein kleines, ruhiges und unscheinbares Dorf.
Aber direkt nach Neuwerk sollte es sportlich werden. Das nächste Zwischenziel war die Talsperre Wendefurth und diese 7 km hatten es in sich. Es ging runter zur Bode, rauf in den Wald, runter ins Tal, rauf auf den Berg und das im steten Wechsel bis die Staumauer erreicht wurde. Eine herrliche Strecke aber super anstrengend für die durch die früheren Etappen schon angeschlagenen Füße und Beine. Trittfestigkeit und Zähigkeit waren sehr gefragt.
Hier gab es sogar noch einen kleinen Umweg aufgrund des Hochwassers, aber der war kaum der Rede wert. Es ging halt nur mal wieder etwas bergauf.
Zwischendurch hörte man immer mal wieder laute Musik. Ich konnte nicht genau feststellen, woher die kam und dachte an ein Volksfest an der Staumauer oder ähnliches. Aber ein Volksfest mitten in der Woche? Irgendwann wurde es auch leiser und ich hörte nichts mehr. Doch irgendwann hörte ich wieder Mark Knopfler und seine Sultane des Swing. Diesmal sogar sehr deutlich. Und als ich dann mal wieder einen freien Blick auf den See erhaschen konnte, sah ich auch, woher die Musik kam. Mitten auf dem See schwamm ein Partyfloß. Vollausstattung: Theke, Musikanlage, Bierzeltgarnituren, Dach….. Zunächst hatte ich eine Erinnerung an die Bieberburg aus einer meiner Lieblingsserien zu Kinderzeiten (Lederstrumpf mit Hellmuth Lange), doch dann sah ich, dass sich die Bieberburg bewegte. Das Ding war auch noch motorisiert und brachte die Gäste gerade wieder zum Steg. Diesmal zum Bett im Kornfeld und der Stimme des Königs von Mallorca. Die Stimmung auf dem Floß schien jedenfalls sehr gut zu sein.
Von der Krone der Staumauer ging es wieder runter ins Tal der Bode und damit Richtung Altenbrak. Die folgenden 5 km waren die langweiligsten der ganzen Tour. Es ging flach am Fluss entlang. Keinerlei Abwechslung auf der ganzen Strecke. Eine Stunde nichts tun. Nun, fast nichts.
Unterwegs bin ich Harzer-Tannenzapfen-Zielwurf-Schützenkönig geworden. 10 Würfe landeten alle in der 10! Wirklich wahr, es wird niemanden geben, der das Gegenteil behaupten kann 🙂
Ansonsten zog sich der Weg ewig hin, bis kurz vor Altenbrack erste Gartenhäuschen auftauchten. Eines ist mir besonders aufgefallen. Es war gepflastert mit Schildern voller dummer Sprüche. Ich glaube, hier hat Herr facebook seine ganzen Sprüche her.
Mein persönlicher Lieblingsspruch: „Dilettantismus ist nicht angeboren, er ist mühsam erarbeitet!“
Wenig später traf auch die Südroute wieder auf den Hauptweg.
In Altenbrack wollte ich dann mal den Hexen-Stieg verlassen und mir den Ort ansehen. Es war Kuchenzeit, seit 2 Tagen war ich schon auf der Suche nach einem Geldautomat und eine Apotheke wäre auch nicht schlecht. Altenbrack bewirbt sich selbst als Touristenzentrum mit 400 Einwohnern und ebensovielen Gästebette, da sollte doch alles vorhanden sein, was ich suchte. Aber weit gefehlt. Die Gaststätten öffneten erst um 17:00 Uhr, also in 2 Stunden, einen Geldautomaten gab es ebensowenig wie eine Apotheke, der Dorfladen hatte eine Schild an der Tür „Heute von 8:00 Uhr bis 9:30 Uhr geöffnet“. Eigentlich unfassbar. Auch der „Jodelwirt“ (von dem hörte ich das erste mal, als ich „Kesslers Expeditionen -Mit dem Rasenmäher auf den Brocken“ gesehen habe. Eine wirklich sehenswerte Serie vom MDR mit Michael Kessler, dem Günter Jauch von Switch Reloaded) hatte geschlossen. Sollte ich meinen Kuchen diesmal nicht bekommen?
Inzwischen sah ich Eberhard auf der anderen Flußseite den Hexen-Stieg weiterwandern. Er hat meinen Abstecher in den Ort also genutzt, mich schamlos zu überholen. Wehren konnte ich mich nicht, ich brauchte erst Kuchen! Eine Hoffnung hatte ich noch, denn die „Jägerbaude“ hat angeblich ab 10:00 Uhr durchgehend geöffnet. Also den Schildern gefolgt, bergauf, steil bergauf! Aber es lohnte sich, denn es war geöffnet. Und wer war da drin und hatte die gleiche Idee? Eberhard aus Stendal!
Also haben wir unseren Kuchen gemeinsam genossen und sind die letzten 3 Kilometer nach Treseburg auch gemeinsam gewandert. Unser Tagesziel, das Hotel Bodeblick in Treseburg, war dann auch schnell erreicht. Eine Ortsbesichtigung in Treseburg habe ich mir geschenkt. Die Beine wollten mich nur noch ins Bett tragen, wohin ich nach dem verdienten Feierabendbier auch zügig verschwandt.
Morgen ging es auf die Schlussetappe von 10 km nach Thale. Dort warteten der Hexentanzplatz und die Rosstrappe auf mich. Ich war mich nicht sicher, ob ich ankommen würde.
Tag 6, 26.06.13
5. Etappe Treseburg – Thale
ca. 10 km
Start der Schlussetappe! Über die Nacht haben sich Beine und Füße wieder beruhigt und es ging munter auf die letzten 10 km. Es war eine wunderschöne Strecke von der die Bilder nur einen Bruchteil widergeben.
Auch ein Video habe ich dazu noch im Angebot:
In Thale gibt es noch 2 Felsen zu erklimmen. Den Hexentanzplatz und die Rosstrappe. Beide sind über Wanderwege zu erreichen, jedoch habe ich mich für die bequeme Variante entschieden und habe die Seilbahn bzw. den Sessellift benutzt.
Der Hexentanzplatz ist in meinen Augen ein reiner Tourismusfelsen mit vielen Andekenbuden und Restaurants. Gleichwohl gibt es dort ein historisches Bergtheater und die Walpurgishalle.
Wieder runter ins Tal ging es auf der Gegenseite zur Rosstrappe hoch. Wanderkollege Eberhard kam mir bei der Bergfahrt in der Seilbahn schon wieder entgegen. Die Rosstrappe hat ihren Namen von einer Sage. Nach der der böse Ritter Bodo aus Böhmen um die schöne Königstochter Brunhilde warb. Eines Nachts, als Bodo sie immer heftiger bedrängte, sattelte sie ihr Pferd und floh. Bodo bemerkte bald ihre Flucht und setzte auf seinem Rappen hinterher. Bei dieser wilden Jagd gelangte Brunhilde in den Harz, bis ihr Pferd vor einer tiefen Schlucht scheute. Um Bodo zu entrinnen, gab sie ihrem Pferd die Sporen und wagte in Verzweifelung den Sprung über diese tiefe Schlucht. Der Aufprall des Pferdehufes hinterließ einen Abdruck, die sogenannte „Rosstrappe“. Bodo wagte ebenfalls den Sprung. Er stürzte aber in den Abgrund und soll dort, als böser Hund verwandelt, die Krone der Prinzessin bewachen, die bei ihrem Sprung in die Tiefe fiel. Der Fluss wurde nach ihm „Bode“ benannt.
Ansonsten war es da oben bei weitem nicht so trubelig wie am Hexentanzplatz. Es gab nur ein etwas größeres Hotel und den Start einer Mountainbike-Downhillstrecke für die ganz mutigen.
Zurück in Thale ging es durch den Kurpark auf die letzten Meter des Harzer-Hexen-Stieg. Eine sehr schöne, wenn auch sehr anstrengende Wanderung ging also zu Ende. Gelernt habe ich, dass Etappen von 30 km zu lang sind und dass ein Wellnesstag nach spätestens 4 Etappen genau richtig käme. Aber das habe ich letztes Jahr wohl auch schon gesagt. Es hat auf jeden Fall viel Spaß gemacht. Mit Eberhard hatte ich auch einen sehr netten Begleiter auf der Strecke. Für ihn war es das erste Mal, dass er sowas gemacht hat und ich habe den Eindruck, es war nicht seine letzte Wanderung.
Heute ging es noch per Zug nach Quedlinburg ins Hotel Acron, von wo aus wir am folgenden Morgen pünktlich um 9:00 Uhr abgeholt und nach Osterode zurück gebracht wurden. An dieser Stelle mal ein großes „Danke schön!“ an das Team von „Wandern im Harz“ für die tolle Organistion. Wer auch im Harz wandern möchte, auch abseits des Hexen-Stiegs ist hier in den besten Händen. Zu erreichen unter http://www.wandern-im-harz(dot)de
Danke an alle Leser!