Rhein-Herne-Kanal im Juni 2016

Endlich war es soweit. Nach gefühlten 100 Schleusen, die wir schon in den Niederlanden hinter uns gebracht hatten, wollten wir uns endlich mal in die großen Schachtschleusen bei uns in der Gegend wagen. Was lag da näher, als daraus einen Spaß-Wochenend-Schleusenübungs-Törn zum CentrO Oberhausen zu machen?

Wir, das waren meine Tochter Pia und ich, ein über mehrere gemeinsame Törns schon eingespieltes Team. Das Boot kam diesmal von Yachtcharter Knuth, die Ihre Basis in der Marina Rünthe in Bergkamen haben. Dort hatte ich schon zweimal eins der größeren Boote für unsere Handball-Mannschaftsfahrten gechartert. Diesmal fiel unsere Wahl auf das kleinste Schiff der Flotte. HettwicHexe ist ein holländischer Stahlverdränger mit 8,30 m Länge und einem kleinen und dafür sehr sparsamen 20 PS Motor. Nicht schnell, aber für unser Vorhaben völlig ausreichend.

HettwicHexe

Gebucht hatten wir für Samstag und Sonntag, mit Vorabend-Check-In für Freitag. Der ist normalerweise um 18 Uhr, unser Sonderwunsch 17 Uhr wurde aber gerne erfüllt. Überhaupt läuft das bei Knuths alles sehr entspannt und freundlich ab.

Also waren wir pünktlich dort und nach einer kurzen technischen Einweisung fuhren wir auch sofort auf den Datteln-Hamm-Kanal Richtung Westen. Das Tagesziel war Henrichenburg, wo wir beim MBC Lünen eigentlich die Nacht verbringen wollten. Eigentlich! Denn als wir die Marina Rünthe verlassen wollten, mussten wir einen Bison-Schubverband den Vortritt lassen, der uns mit 7 km/h einbremste. An überholen war nicht zu denken, da kam der Nachteil der etwas schwachen Motorisierung der Hexe zum Tragen.

Bison

Also ging es gemütlich vorbei an der Baustelle der Wasserstadt Aden (wasserstadt-aden(dot)de). Hier entwickelt die Stadt Bergkamen auf dem ehemaligen Gelände des Bergwerks Haus Aden ein neues Wohnquartier mit direktem Anschluss an den Kanal und eigenen Liegeplätze für die Bauherren. Anscheinend ein gut angenommenes Vorhaben. Bisher sieht man noch nicht viel, aber es scheint tatsächlich mehr als nur ein Planspiel zu werden.

Haus Aden

Das nächste Zwischenziel war der Preußenhafen Lünen, wo es gerüchteweise die beste Currywurst im Revier geben soll. Ich hatte noch keine Gelegenheit, das zu überprüfen, aber will es gerne glauben. Das eine oder andere Boot lag auch dort, also wird es wohl so sein, denn die liegen da ja nicht grundlos 😉

Preussenhafen

Irgendwann war uns klar, dass wir Henrichenburg nicht mehr vor Sonnenuntergang erreichen würden. Also Planänderung: bei km 1,9 DHK liegt der Yachthafen Ribbrock. Dummerweise ging keiner ans Telefon, damit ich uns anmelden konnte. Also einfach hingefahren und der Hafenmeister hat uns auch gleich reingewunken. Er hat meine Anrufe zwar gehört, aber kam nicht in das abgeschlossene Büro, um die auch anzunehmen. 😀

Dafür ist er uns sofort bei der engen Boxeneinfahrt zur Hand gegangen, netter Plausch inklusive. Bezahlt haben wir 10,– €, ohne Strom. Die Sanitäranlagen des angeschlossenen Campingplatz waren in Ordnung und wer noch Hunger verspürt: ein Steakhaus mit „internationalen Spezialitäten“ gab es auch noch.

Ribbrock

Nach einer ruhigen Nacht und einem ausgiebigen Frühstück ging es am Samstag Morgen um 8 Uhr schon weiter. Wir wussten ja nicht, mit welchen Wartezeiten wir an den drei zu meisternden Schleusen zu erwarten hatten und wollten schließlich auch noch Zeit für das CentrO haben.

Nach wenigen Minuten hatten wir das Ende des Datteln-Hamm-Kanals erreicht und bogen nach links in den Dortmund-Ems-Kanal ein, nicht ohne Steffi den Vortritt zu lassen.

Steffi

Steffi war zwar recht füllig, aber offensichtlich nicht schwer. Denn sie war deutlich schneller als wir und damit kein Hinderniss für uns.

Kurz danach waren wir schon am Schleusenpark Waltrop, wo der DEK Richtung Dortmund Hafen weiterführt. Für mich immer wieder faszinierende Bauwerke auf engstem Raum, egal ob von Land oder Wasser betrachtet, auch wenn von den ehemals vier Aufstiegsbauwerken nur noch die neue Schleuse (oben rechts im Bild) in Betrieb ist.

Waltrop

Das alte Hebewerk ist auch die Marke für den Übergang vom Dortmund-Ems-Kanal in den Rhein-Herne Kanal bei km 45,5 RHK. Wir fahren also zu Tal, entgegen der Kilometrierung.

Das erste, was uns auffiel, waren diese merkwürdigen Bauten.

Holzhütten

Wie mir ein Arbeitskollege, der des öfteren Radtouren entlang unserer Kanäle macht, hinterher erzählte, handelt es sich hierbei um sehr spartanische, dafür sündhaft teure Ferienhäuser. Es gibt wohl für vieles einen Markt.

Irgendwann gab es dann kein Zurück mehr. Wir näherten uns Schleuse Herne-Ost und da mussten wir nun durch! Ich gebe zu, ich hatte davor einen heiden Respekt. 12,8 m Hubhöhe beschäftigten mich schon sehr. Die Anmeldung an der Schleuse erfolgte per Handy, da so ein Charterboot ja keinen Funk hat. Dabei habe ich doch extra im letzten Winter meinen UBI gemacht….. Aber den werde ich schon noch irgendwann benötigen.

Bei der Schleuse meldete sich ein sehr freundlicher Schleusenmeister. An dieser Stelle muss mal gesagt werden, dass wir bei allen sechs Schleusungen, die wir dieses Wochenende gemacht haben, immer sehr freundlich behandelt wurden. Wenn die Schleusung mal nicht auf Anhieb möglich war, wurde uns das schon fast entschuldigend, detailliert erklärt. Ein großes Lob an dieser Stelle, auch für die guten Tipps, die wir immer erhalten haben. Vielleicht liest ja einer dieser guten Geister mit. Danke schön!

Zunächst mussten wir aber mal warten. Die Talschleusung hatte gerade begonnen und wir waren etwas zu spät dran. Also erstmal am Sportbootanleger festgemacht und zu Fuß die Schleuse inspiziert. Kann ja nicht schaden, wenn man weiß, wo die Schwimmpoller sind 😉

Herne-Ost

Unten warteten schon die Bergfahrer, so dass die Schleuse sofort wieder hoch kam und wir nach gut 45 Minuten hinter einem leeren Fahrgastschiff einfahren konnten. Irgendwie waren wir dem Käptn wohl nicht schnell genug, denn er winkte recht hektisch aus seinem Fenster. Aber wir ließen uns davon überhaupt nicht berühren und fuhren nach den 3 goldenen Regeln für Skipper ein: 1. langsam 2. langsam 3. langsam!

Ich glaube auch nicht, dass wir dem guten Mann mehr als 3 Minuten gekostet haben.

Der hinterste Schwimmpoller war unser und kurz danach schlossen sich die Tore und es ging abwärts.

Herne-Ost2

Völlig entspannt kamen wir unten an und bei mir machte sich zum ersten Mal das Gefühl breit, dass das Schleusen zukünftig bei mir keine Schweißausbrüche mehr verursachen würde. Aber mal sehen, was eine Bergschleusung bedeuten würde. Die hatte aber noch Zeit bis zum nächssten Tag.

Als das Fahrgastschiff die Schleuse verlassen hatte, warfen wir die Leine los und weiter ging es.

Herne-Ost3

Vorbei ging es am Stadthafen Recklinghausen mit Sportbootanleger und Beach Club.

Recklinghausen

Wer sich bis hier hin gefragt hat, warum wir denn mitten durch das Ruhrgebiet fahren, denn da sind doch nur Industrieruinen, Beton und generell ist ja alles hässlich, dem seinen mal nachfolgende Bilder ans Herz gelegt wird. Und so sieht es auf dem RHK fast überall aus.

grün

Nächster Halt: Schleuse Wanne-Eickel.

Kurz vorher begengeten uns zwei Stand-up-Padler und fragten tatsächlich, ob wir sie ein Stück ziehen würden.

Stand-up

Aber wir waren ja an der Schleuse angemeldet und konnten sofort einfahren. Diesmal wurden wir sogar alleine geschleust. Weit und breit kein Berufsschiff. Wieder war der letzte Schwimmpoller unser Ziel und nach ruhigem 8,4-Meter-Fall waren wir schon wieder frei.

Interessant ist, wenn es hinter einem anfängt zu brodeln, sobald das Obertor schließt.

Obertor

Wanne-Eickel

Wanne-Eickel2

Weiter ging es vorbei an der Zoom Erlebniswelt mit eigener Brücke, der alten Zeche Bismarck, wo wie in Aden eine Wasserstadt entsteht, der Heimstadt „meines“ FC Schalke 04, hin zur Schleuse Gelsenkirchen.

Gelsenkirchen

Gelsenkirchen war die kleinste der 3 zu bezwingenden Schleusen. Mittlerweile waren wir schon fast routiniert und die knapp 6 Meter Fallhöhe waren gar keine Schwierigkeit mehr für uns.

Gelsenkirchen2

Das Amphittheater Gelsenkirchen bereitete sich offensichtlich für die Abendveranstaltung vor. Jedenfalls waren die ersten Besucher schon da und die Jugendmusik war sehr durchdringend 😉

Amphittheater

Pia fuhr zu der Zeit und ich genoss das schöne Wetter und den leichten Fahrtwind auf dem Vordeck, als ich plötzlich ein lautes „HUHU“ hörte. Am Ufer saßen vier junge Damen und filmten uns munter. Auf meinen Hinweis, dass ich das auch könnte, gab es zumindest bei einer die typische Reaktion, wenn Mädels nicht fotografiert werden wollen….

Mädels

Durch den Hafen Essen war es nicht mehr weit, bis der Gasometer in Oberhausen schon in Sicht kam.

Essen

Vorher ging es aber noch an diesem Bauwerk vorbei. Das Ruhrgebietsbier ist halt lecker.

Strom

Die telefonische Anmeldung in der Marina Oberhausen funktionierte im zweiten Anlauf. Nachdem sich erst keiner meldete, rief die Hafenmeisterin aber kurz danach zurück. Liegeplatz wäre kein Problem, wir sollten einfach einfahren und irgendeinen nehmen. Irgendeinen? Die Marina war voll! Bis auf einen freien Platz, den wir auch sofort für uns sicherten.

Oberhausen

Unsere Box war direkt neben dem Sea Life, was einen entscheidenden Nachteil hatte: die Außenlautsprecher dudelten ohne Unterlass bis zum Geschäftsschluss. In der Woche drauf wurde dort ein verdrahteter Karton entdeckt und das ganze Sea Life evakuiert. Gut, dass wir das schon wieder zu Hause waren.

Wir ließen uns unsere gute Laune nicht verderben und stöberten erstmal durch das CentrO. Pia war zum ersten Mal dort, will aber unbedingt mit Freundinnen noch mal hin. Das ist auch gut so, mein shopping-Gen ist nicht sehr ausgeprägt.

Eigentlich hatte ich noch den Plan, die Ausstellung im Gasometer zu besuchen. Aber der Tag forderte seinen Tribut. Abendessen wurde selbst gemacht, anschließend wurde noch ordentlich Karten gezockt (wobei ich chancenlos war) und dann ging es früh ins Bett. Die Rückfahrt nach Rünthe waren schließlich wieder 63 km und brauchte seine Zeit.

Pünktlich um 6:45 Uhr ließen wir am Sonntag den Motor an. Einmal der erste im Hafen sein! Auf allen anderen Booten war noch Nachtruhe angesagt. Sollte ich jemandem den verdienten Schlaf geraubt haben, entschuldige ich mich hier in aller Form.

Sonntag Morgen

Das Wetter war herrlich! Sonnenschein und kein Lüftchen ging. Das Wasser war spiegelglatt als wir den Hafen verließen.

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Nicht viel später überholte uns ein Sportboot, das deutlich schneller war. Aber wir sahen uns an jeder Schleuse wieder.

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In Gelsenkirchen mit zwei weiteren Sportbooten in unsere allererste Bergschleusung.

Gut vorbereitet, legten wir uns an den letzten Schwimmpoller und alles war völlig problemlos. Das uns überholende Sportboot fuhr aber sehr weit nach vorne durch und lag damit in einem regelrechten Wirlpool. Die Besatzung hatte auch reichlich Mühe, das Boot in Position zu halten. Letztendlich ging aber alles gut.

Gelsenkirchen berg

In Wanne-Eickel mussten wir warten, weil oben auf Talfahrer gewartet wurde. Die Schleuse konnte nicht extra für uns runter geholt werden, da oben zu wenig Wasser sei und man sparen müsse. Und das nach all dem Regen in diesem Frühjahr. Sei es drum, nach gut 30 Minuten Wartezeit konnten wir drei hinter einem Fahrgastschiff einfahren.

Wanne-Eickel berg

Das Segelboot vor uns wurde von zwei Dänen gesteuert. Die kamen aus Valencia und wollten noch nach Lübeck, um von da aus wieder nach Kopenhagen zu segeln. Letzten Sommer sind sie durch Nordsee, Atlantik und Mittelmeer hingesegelt. Ist das beneidenswert? Ich weiß es nicht. Jedenfalls ein fröhliches Pärchen, dass sich auch von den ewigen Starkregenfällen nicht die gute Laune verderben ließ.

Auch Herne-Ost zu Berg war völlig ereignislos. Insgesamt habe ich mir zu der Schleuserei viel zu viel Gedanken gemacht. Gut vorbereitet und mit der nötigen Ruhe ist das alles gut zu bewältigen.

Herne-Ost berg

Von da aus waren es noch rund 4,5 Stunden bis nach Rünthe. Pia nutzte die Zeit, um auf dem Dach für eine anstehende Klausur zu lernen. Da gibt es schlimmere Orte für.

20160612_123400

Am Abzweig zum Dattel-Hamm-Kanal verließen wir unseren kleinen Konvoi. Mittlerweile haben sich am Himmel die Schleusen geöffnet und es regnete wie immer in dieser Zeit heftigst. Die Dänen hatten schon wieder ihre Schwerwetterkleidung an. Ich bleibe auf alle Fälle bei Motorbooten in die ich mich bei diesem Wetter verkriechen kann.

Kurz vor Rünthe überholte uns noch der Bootsmann, das Schiff aus der Knuthflotte, mit dem wir immer unsere Mannschaftsfahrten machen. Leider kannte der Skipper nichts von Rücksichtsnahme und ließ uns mit seiner Welle reichlich durch den Kanal schaukeln. Etwas langsamer hätte auch nicht geschadet.

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Pünktlich um 17 Uhr haben wir den Heimathafen von HettwicHexe wieder erreicht.

Rünthe

Ein wunderschöner Törn ging mal wieder viel zu schnell zu Ende. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass wir keine Angst vor Schleusen haben müssen, dass das Ruhrgebiet wunderschön und abwechslungsreich ist und dass es in diesem Frühjahr nicht ohne Regen abgehen wird.

Dank fürs Mitfahren!

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