Das war ja eigentlich doch ganz anders geplant! Nach unserer tollen Tour im letzten Jahr, als Bernd und ich die Ruhr von Winterberg nach Duisburg geradelt sind, wollten wir diesmal von Papenburg nach Dortmund den Dortmund-Ems-Kanal gen Süden radeln.
Alles war geplant: Die Zugfahrt am 3.10. nach Papenburg, die Etappen nach Lingen, Münster und Dortmund und die Rückfahrt von Dortmund nach Soest am 5.10.
Doch je näher der Termin rückte, desto schlechter wurden die Wetterprognosen. Starkregen, Stürme und Gewitter waren angesagt. Am Mittwoch war Bernd dann der Meinung, die ganze Sache abzublasen. Auch mein Vorschlag, den Freitag abzuwarten und ab Soest zu fahren, fand er nicht so lustig. Also sollte die Tour wirklich ins Wasser fallen? Am Donnerstag Abend habe ich dann für mich entschieden, Freitag einfach mal früh aus dem Fenster zu schauen und wenn nich gerade die Welt untergehen sollte, wollte ich alleine los.
Tja, was soll ich sagen? Freitag Morgen war strahlender Sonnenschein. Also schnell ein paar Sachen in die Fahrradtaschen gestopft und los gings. Das wäre doch gelacht, wenn ich nicht zu meiner Fahradtour käme. Oder wie eine infernalische Bekannte (wer gemeint ist, wird es wissen) mal in seiner Forensignatur schrieb: Wenn ich mir vorgenommen habe, im Garten die Blumen zu gießen, dann lasse ich mich von ein wenig Regen nicht davon abhalten!
Da auf einmal eine ganz neue Route vor mir lag, war ich auch nicht besonders vorbereitet. Aber wofür gibt es denn das www? Um etwas größere Touren in NRW zu planen, ist die Seite http://www.radroutenplaner.nrw.de sehr zu empfehlen. Neben einer Übersichtskarte, die beliebig zu vergrößern ist, bekommt man dort die Route mit jeder noch so kleinen Abzweigung detailliert beschrieben. Wirklich ein toller Service des Landesverkehrsministeriums. Zwar fährt man auf der genannten Route nie den direkten Weg, dafür immer abseits des Straßenverkehrs über befestigte Feld- oder Waldwege. Nur ganz selten ging es mal über Schotterstrecken.
Der Anfang war noch recht windstill (das sollte sich im Laufe der Tour leider ändern), sodass ich zügig voran kam. Bereits nach kurzer Zeit war ich im Lippetal.
Ich kam mir manchmal vor, als wäre ich alleine auf der Welt. Weit und breit keine Menschenseele, kein Lärm von Autos oder Maschinen, nur das Rauschen der Bäume und Vogelgezwitscher. Es ist immer wieder erstaunlich, wie mir so etwas gefällt.
So ganz alleine war ich dann doch nicht. Das ein oder andere Mal kreuzte ein Eichhörnchen meinen Weg und verschwand erst, wenn ich bis auf 10m dran war.
Irgendwann war aber auch mal die Einsamkeit vorbei. In der Ferne war ein großes weißes Gebäude zu erkennen. Als ich näher kam, entpuppte sich das Ding als die Pott’s Brauerei in Oelde. Leider war da am Feiertag alles zu, dafür hätte ich mir sogar noch Zeit genommen. Aber wer weiß, wofür das gut war. Ich hatte da schon über 40km in den Beinen und noch keine Pause gemacht. Das Etappenziel in Warendorf sollte bei km 70 liegen, also war es wohl besser, kein leckeres Pott’s zu trinken, sondern weiter zu strampeln.
Hinter Oelde, mitten im Wald, kam mir auf einmal eine Wandergruppe entgegen. Zwei von denen kamen mir sofort bekannt vor und als ich näher kam, erkannte ich zwei Arbeitskolleginnen, die hier den Feiertag mit Freunden verbrachten. Sachen gibt’s, mitten im Wald, 52 km von zu Hause, trifft man Leute, die man kennt. Die Überraschung war bei den beiden genauso groß wie bei mir. Aber wir hatten leider nicht den gleichen Weg. Für die Wanderer ging’s nach Oelde, wo ich gerade her kam, und für mich halt weiter nach Warendorf. Aber einen Tipp für die Übernachtung habe ich noch bekommen: das Hotel Johann, direkt am Marktplatz. Das klang doch gut.
Am späten Nachmittag war ich dann in der Stadt der Pferde.
Das Hotel Johann war leider ausgebucht, es war Hengstparade und die Stadt voller Besucher. Aber das Hotel im Engel sollte noch was frei haben. Das war auch schnell gefunden, aber das Hotel hatte zu! Geschlossen an einem Feiertag oder auch: Wegen Reichtum geschlossen! Unfassbar, aber es gab ja noch die Touristeninformation….auch zu. Aber im Fenster war eine Handynummer für die Zimmersuche….nur eine mailbox (Die haben aber tatsächlich zurück gerufen….am Samstag Mittag. Also liebe Warendorfer, das geht sicher noch ein wenig besser!
Ich habe tatsächlich ein Zimmer für die Nacht gefunden. Pension Baune war jedoch ein Einfamilienhaus, in dem ein älteres Ehepaar ein Zimmer im Keller vermietete. Na ja, es war eine Dusche dabei, das Zimmer war sauber und die Leute waren nett. Aber 35,– Euro für so eine Notlösung und dann noch ohne Frühstück, ist doch ganz schön happig. Aber egal, Hauptsache ein Bett und eine Dusche!
Ich bin dann Abends noch einmal in die Stad geradelt um was zu essen und in der Hoffnung, so einen netten Kerl, den ich aus dem Internet kenne zu treffen. Der wohnt in Warendorf, hat sich aber leider nicht gemeldet. Schade, eine verpasste Gelegenheit, wie ich finde. Nachdem ich wieder in meine „Pension“ geradelt bin, hatte ich 79km auf dem Tacho stehen. Das reicht auch für den ersten Tag.
Ich habe geschlafen, wie ein Baby. Um kurz nach acht saß ich wieder auf dem Rad. Erstmal los, was frühstücken, dann eine Radkarte von der Gegend kaufen und ab nach Münster. Frühstück gab es im Hinz & Kunz in Warendorf. Ein wirklich tolles Frühstücksbuffet aber wer da mal hin will, sollte vorher reservieren.
Die Fahrradkarte gab es in der Touristinfo gegenüber und um kurz vor 10 hatte ich Warendorf hinter und Münster vor mir.
Die Strecken dort waren hervorragend ausgeschildert, verfahren unmöglich.

Leider waren die örtlichen Landwirte mitten in der Maisernte. Rücksicht auf Radfahrer kennen die dort jedenfalls nicht. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Geschwindigkeit und mit welchem Abstand man mit Treckern an Radfahrern vorbei fahren kann! Den Hinweis Richtung St. Mauritz habe ich erst falsch verstanden, als ich später jedoch da war, war der Vergleich mit dem ähnlich klingenden Örtchen in der Schweiz gar nicht so falsch. Das ist der Villenvorort von Münster, sehr gediegen!
Vorher kreuzt man noch die Werse an der Pleistermühle. Das ist ein wunderschöner Ort! Treffpunkt für Radfahrer, Wanderer, Kanuten mit Restaurant und Biergarten. Die Bilder geben leider nur ein Teil wider.
In Münster kam ich dann an den Dortmund-Ems-Kanal und damit an die Route, die von Anfang an geplant war. Leider alleine und leider dem ständigen Gegenwind ausgeliefert. Auch an diesem Tag war das Wetter herrlich aber der ständige Südwestwind macht einen doch mürbe. Meine Frau war an dem Tag mit einer Freundin in Dortmund. Eigentlich könnte ich ja dahin fahren und sie nimmt mich mit nach Hause. Aber noch 65 km im Gegenwind?
Bis Hiltrup bin ich noch am DEK lang gefahren, dann war mir klar, dass ich bei dem Wind nicht in Dortmund ankommen würde. Als war umplanen angesagt. In Hiltrup kreuzt die Bahnlinie nach Hamm den DEK. Laut meiner Karte führt ein Radweg direkt an dieser Trasse lang. Prima, sollte es anfangen zu regnen oder meine Kräfte schwinden, könnte ich am nächsten Bahnhof einfach in den Zug nach Hamm steigen. Also los! Nächstes Ziel: Hamm!
Ein Teil des Weges führte tatsächlich über einen Pilgerweg. Wie ich hinterher herausbekommen habe, ist NRW mit einem Netz aus Zubringerwegen zum Jakobsweg durchzogen und auf einem Teil davon war ich nun unterwegs. Aber für ein Buch, dass monatelang vom ersten Platz der Bestsellerliste grüßt, wird es wohl nicht reichen.
In der Nähe von Drensteinfurt kam ich an einer Stelle vorbei, an der früher eine Strontianit Mine stand. Ein Mineral, dass nach seinem ersten Fundort Strontian in Schottland Ende des 18. Jahrhunderts benannt wurde. Mit Hilfe dieses Minerals war es möglich, Zucker körnig zu machen, was für einen gewissen Wohlstand der Minenbetreiber sorgte. Später wurde Strontianit durch chemische Mittel ersetzt und der Spuk war schnell wieder vorbei. Eine interessante Episode, von der ich vorher noch nie etwas gehört habe.
Zurück zur Strecke, das Wetter hielt sich (bis auf diesen elendigen Gegenwind), die Beine machten auch noch mit und so lies ich Bahnhof um Bahnhof hinter mit und kam schon bald in Hamm an. Zurück über die Lippe…
…und Datteln-Hamm-Kanal ging es Richtung Bahnhof, die letzten 35 km wollte ich mir dann doch sparen. Drei Stationen weiter war ich wieder in Soest. Insgesamt hatte ich 160km in den zwei Tagen geschafft. Ohne den Gegenwind wären es sicher mehr geworden, aber ich will aufhören zu jammern. Es waren zwei tolle Tage, leider alleine, die Beine haben mitgemacht, der Hintern tat nicht übermäßig weh (Danke an alle, die sich für die anschließende Pflege angeboten hatten) und es gab nicht einen Tropfen Regen während der ganzen Fahrt. Was will man mehr? Nächstes Jahr fahren wir auch wieder zu zweit, da bin ich absolut sicher.
