Groningen – Juli 2016 – Ein Stadtrundgang

Groningen, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz in den Niederlanden ist auf jeden Fall eine Reise wert. Auf der einen Seite sehr jung durch die vielen Studenten in der Stadt, auf der anderen Seite ist vieles aus der Geschichte der Stadt erhalten geblieben.

Wir haben Groningen während unseres Sommertörns 2016 mit dem Boot besucht und die Stadt zu Fuß entdeckt. Im Touristikbüro am Grote Markt haben wir uns mit einer kleinen Stadtkarte eingedeckt und die Stadt anschließend in eigener Regie erkundet. Allerdings habe ich einige Erklärungen der Sehenswürdigkeiten dem Stadtplan entnommen. Ein großer Dank gebührt also Marketing Groningen.

Laut Stadtplan sei zu Fuß der beste Weg, die glorrreiche Vergangenheit Groningens zu erkunden. Und das stimmt! Der Stadtrundgang führt zu den historischen und modernen Sehenswürdigkeiten im Zentrum. Allerdings passte die Zeitangabe im Plan von 1,5 bis 2 Stunden nicht. Wenn man sich alles anschaut, mal hier und mal da in die Kirchen und historischen Gebäude geht und vielleicht auch noch mal irgendwo in den vielen Bars und Cafés einkehren will, ist man wie wir auch mal 4 Stunden unterwegs.

Wie gesagt, ging es am Grote Markt am VVV los. Auf der Südseite des Marktes stehen einige Fassaden aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

Forum

Die anderen Seiten des Marktes wurden während der Befreiung im April 1945 zerstört. Auf der Ostseite finden zur Zeit größere Umbauarbeiten statt. Die Pläne für den Markt sollen die ursprüngliche Form und Stimmung des Grote Markt wieder herstellen.

Weiter ging es zur Poelestraat, dem „Epizentrum“ des Groninger Nachtlebens. Nun, wir waren am Vormittag da, aber selbst da waren viele unterwegs und nutzten das gastronomische Angebot für ein ausgiebiges Frühstück.

Poelestraat

Aber man kann es sich schon gut vorstellen, was hier an einem lauen Sommerabend los sein wird.

Gleich nebenan liegt das auf den ersten Blick unscheinbare  St. Geertruids- oder Peppergasthuis in der Pepperstraat. 1405 als Wohltätigkeitseinrichtung gegründet, wurden hier Arme, Kranke und Pilger (die heilige Gertrud ist die Schutzheilige der Reisenden und Pilger) aufgenommen. Um einen Hof herum befinden sich hier Kirche, Speisesaal und Verwaltungsstube. Um eine kleine Wiese herum stehen die Wohnhäuser.

Unten rechts ist das Tor zu sehen, durch das man das Gasthaus hinten wieder verlassen konnte.

Das nächste Ziel auf unserem Plan war das St. Anthonys Gasthuis am Rademarkt. Wieder ein Armenhaus, gestiftet 1517. Ursprünglich lag das außerhalb der Stadtmauern, da es nicht nur Arme sondern auch Pestkranke und Geistesgestörte beherbergte. Zum Bau des Hauses wurden Materialien aus dem abgerissenen Schloss verwendet, das am Rademarkt stand. Auch diese Haus kann besichtigt werden.

St Anthony Gasthuis

Wir bewegten uns immer innerhalb der Stadtkanäle, durch die wir auch mit unserem Schiff gefahren sind. Ab und zu war mal ein Blick auf einen Schiffskonvoi durch die Stadt und die geöffneten Brücken zu erhaschen.

Brücke

Gegenüber des St. Anthony Gasthuis liegt die St. Joseph-Kathedrale. Eine sehr schöne römisch-katholische Kirche aus dem 19. Jahrhundert. Die Benennung nach dem heiligen Joseph erinnert daran, dass früher viele Arbeiter in dieser Gegend wohnten. Der Turm wird im Volksmund „Dronkenmanstoren“ (Trunkenboldturm) genannt, da man von unten immer zwei Zifferblätter, also doppelt, sieht.

St Josph

Parallel zum südlichen Verbindungskanal ging es durch die Richtung Hereplein. An der Straße stehen Denkmäler für im 2. Weltkrieg hingerichtete Künstler und sehr prächtige Häuser.

Heresingel

Über den Hereplein mit seiner Plastik von Josef Israel und dem Tschumipavillon…

Hereplein

Die Herestraat ist die alte Hauptverbindungsstraße nach Süden und auch heute noch die Hauptader der Stadt. Natursteine im Pflaster markieren heute die Stelle, an der früher das Stadttor stand, die Herepoort aus dem 11. Jahrhundert.

Herepoort

Nebenan in der Pelsterstraat trafen wir auf das Heiligen Gasthuis, ein ehemaliges Hospiz aus dem 13. Jahrhundert, gestiftet vom Orden des Heiligen Geistes. Dem Zeichen des Ordens, einem doppelten Andreaskreuz, begegnet mal an zahlreichen Stellen. Hier wurden nicht nur Arme, Kranke und Alte gepflegt, sondern auch Reisende beherbergt. Die Kirche wird heute für Gottesdienste und Konzerte genutzt.

Heiligen Geesthasthuis

Neben dem Raumordnungsamt, einem Gebäude im Stil der Amsterdamer Schule („Die Vorderfront dominieren horizontale Linien, während die Seite des Gebäudes eine vertikale Struktur aufweist“)….

Raumordnungsamt

… ging es zum Groninger Museum und zum Hauptbahnhof.

Das Museum von 1994 ist ein Entwurf von Mendini, De Lucchi, Starck und Coop Himmelbau. Es verfügt über eine feste Sammlung und bietet wechselnde Sonderausstellungen von regionalem, nationalem und internationalem Format. Die Skulptur vor dem Museum ist ein Werk von Mendini und stellt den Grundriss des Museums dar. Die beiden Löwen stammen von der 1811 abgerissenen Burg in Farmsum und zeigen, dass das Museum auch historische Objekte aus der Groninger Geschichte beherbergt. Falls die Museumsbrücke hochgeklappt ist, tritt ein Fliesenbild aus Delfter Blaukeramik, auf dem Fantasie-Kinderspiele zu sehen sind, zum Vorschein.

Museum

Der monumentale Bau des Hauptbahnhofs im Stil der niederländisch-flämischen Gotik mit Renaissance-Elementenwurde 1895 entworfen. Die imposante Bahnhofshalle ist ein „großartiges Beispiel für den Jugendstil“. Die Dachornamente bestehen aus Pappmaché. Auf den Fliesenbildern sind Arbeit, Zeit, Post, Telegrafie und die Groninger Stadtjundfrau dargestellt. Vor dem Bahnhof wurde ein neuer Stadtbalkon angelegt, auf dem das berühmte Standbild vom „Pferd von Onkel Loeks“ steht. Darunter befindet sich ein Fahrradkeller mit über 5.000 (!) Stellplätzen.

Bahnhof

Zurück in der Innenstadt ging es zur Synagoge. Groningen hatte einst eine große jüdische Gemeinde, für die 1906 eine neue, größere Synagoge errichtet wurde. Die Architekten Kuipers und v.d. Veen entwarfen ein Gebäude im maurischen Stil. 1980 wurde beschlossen, das Gebäude zu renovieren. Ein Jahr später wurde die Synagoge neu geweiht.

Synagoge

Die anschließende Folkingestraat war früher der Mittelpunkt des alten jüdischen Viertels und ist heute eine bunte Einkaufsmeile mit mit jeder Menge Kleidung und Trödel aus aller Herren Länder. Um die Erinnerung an das jüdische Viertel lebendig zu erhalten, haben fünf Künstler an verschiedenen Stellen in der Straße Kunstwerke aufgestellt. Am Ende der Straße, vor dem Vismarkt, kommt man zur ältesten Kneipe der Stadt: Huis de Beurs.

Huis de Beurs

Vis à vis des Haus de Beurs, direkt am Vismarkt, ist die Kornbörse. Das neoklassizistische Gebäude ist aus dem Jahr 1865. Die Fassade wird von drei Statuen gestützt, die Merkur, Neptun und Ceres darstellen. Der besondere gusseiserne Oberbau mit vielen Fenstern sorgte für ausreichenden Lichteinfall zum Beschauen des Getreides.

Kornbörse

Die direkt hinter der Kornbörse liegende Aa-Kirche steht im alten Hafenviertel und ist Maria und dem heiligen Nikolaus geweiht, dem Schutzheiligen der Schiffer. 1247 wurde sie zur Pfarrkirche erhoben. Das heutige Gebäude stammt aus dem 15. Jahrhundert. Der auffällige Turm wurde 1718 gebaut. An der Nordseite der Kirche steht das Hanse Huis.

Aa Kerk

Richtung Kanal geht es vorbei am Schifffahrtsmuseum des Nordens. Das Museum ist in zwei ursprünglich mittelalterlichen, gotischen Kaufmannshäusern untergebracht zwischen den beiden Häusern gibt es einen Durchgang zum Hinterhof und Museumseingang.

Schifffahrtsmuseum

Nebenan sorgt ein Pissoir aus Milchglas dafür, dass das „kleine Geschäft zum großen Erlebnis wird“.

Pissoir

Am alten Aa-Hafen begegneten wir wieder dem Schiffskonvoi, der sich bis hierhin durch die engen Grachten und die zahlreichen zu öffnenden Brücken geschlängelt hat.

Convoi

Im Hintergrund sind die alten Speicherhäuser erkennbar, die daran erinnern, dass Groningen im Mittelalter eine wichtige Handels- und Hansestadt war. Hier befanden sich viele Brauereien, die das sogenannte „Kluinbier“ herstellten, ein damals wichtiges Exportgut. Die meisten Gebäude dienen heute als Wohnungen oder Büros. Im Winter liegen hier die Schiffe der „Braunen Flotte“ (Segelschiffe) vor Anker.

Unser Weg führte uns weiter zum „Harmoniekomplex“, in dem zwei Fakultäten der Universität untergebracht sind. Ursprünglich war die Harmonie ein Vereinsgebäude, in dem Ausstellungen, Konzerte und andere Veranstaltungen stattfanden. Hier sind einige Kunstwerke zu sehen, darunter eine Büste von Aletta Jacobs, die als erste Frau der Niederlande hier studierte.

Harmonie

Nicht weit davon entfernt ist das Akademiegebäude. In ehemaligen Klostergebäuden wurde 1614 die Reichsuniversität Groningen als zweite Universität der Niederlande gegründet. Das heutige Akademiegebäude wurde im Neorenaissancestil erbaut und 1909 eingeweiht. In den Dachgiebeln sind einige allegorische Figuren zu sehen. Im Mittelgiebel steht zwischen dem niederländischen Löwen und dem Wappen der Universität die Göttin der Wissenschaften Minerva, darunter Scientia und Historia. Den linken Dachgiebel ziert Prudentia, im rechten steht Mathematica. Gegenüber dem Akademiegebäude befindet sich die 1986 errichtet Universitätsbibliothek.

Akademie

Richtung Norden ging es wieder Richtung Kanal, wo am Ossenmarkt „die architektonisch schönste Tiefgarage der Niederlande“ zu bewundern ist.

Ossenmarkt

Spilsluizen ist eine mittelalterliche Gracht, der frühere Hafen, der bis 1876 eine offene Verbindung zum Meer hatte. Ebbe- und Flutkais sind hier noch zu sehen, wo sich die großen Schleusen befanden.

Spilsluizen

An prachtvollen Häusern vorbei geht es zum Prinsenhofgarten. Der Lustgarten im Renaissancestil wurde 1625 angelegt und besteht aus einem Käutergarten mit Algroninger Obstbaumsorten, einem Rosengarten, überdachten Buchenhecken (Laubengängen) und einem Buchsbaumgarten mit den Initialen des Statthalters und seiner Frau. In den Sommermonaten dient der Kräutergarten auch als Teegarten. Über dem zweiten Eingangsportal befindet sich eine imposante Sonnenuhr.

Prinsenhofgarten

Mit dem Prinsenhof, der Provinzverwaltung und der markanten Martinikerk geht der Stadtrundgang langsam dem Ende entgegen.

Der Prinsenhof wurde im 15. Jahrhundert erbaut und diente ursprünglich als Bruderhaus, später u. a. als Bischhofssitz, Statthalterpalast, Militärkrankenhaus, Kaserne oder auch als Studio des Lokalsenders. Jetzt ist in den Gebäuden ein Hotel untergebracht.

Prinsenhof

Neben der Provinzialverwaltung ist die kleinste Gasse Groningens, die Kleine Snor.

Provinzialverwaltung

Die Martinikerk entstand aus einer kleinen Holzkirche, welche im Laufe der Geschichte zur heutigen gotischen Hallenkirche aus dem 15. Jahrhundert erweitert wurde. Im Mittelalter strömten Pilger herbei, um eine Reliquie (Arm von Johannes dem Täufer) zu verehren. Der Kirchturm ist der Stolz von Groningen und wird wegen der verwitterten Farbe des Bentheimer Sandsteins von den Groningern auch „d’Olle Grieze“, der alte Graue, genannt.

Martinikerk

Zurück am Grote Markt fällt sofort das Rathaus ins Auge. Das neoklassizistische Gebäude stammt aus dem Jahre 1810. An der Seite steht die Büste des Generals Rabenhaupt, der Groningen 1672 erfolgreich gegen den Bischof von Münster und seine Armee verteidigte. An der Rückseite sind noch Einschusslöcher aus den Kämpfen des zweiten Weltkrieges zu sehen.

Hinter dem Rathaus steht als letzte Highlight dieses Rundgangs das Goldkontor. 1635 errichtet war es einst das Steuerkontor für Stadt und Umland. Der Spruch am Giebel verrät den früheren Zweck des Gebäudes: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist!“.

Goldkontor

Groningen, immer eine Reise wert!

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