Der Ruhrtalradweg im September 2017

Schlecht waren sie, sehr schlecht! Ich spreche von den Wettervorhersagen für unseren lang geplanten Urlaub im September 2017.

Wir wollten uns mal wieder körperlich betätigen und hatten uns für den Ruhrtalradweg entschieden. Also eine outdoor-Veranstaltung und damit wetterabhängig.

Fachleute wie Sven Plöger bombardierten uns allerdings via TV und Radio mit Horrormeldungen, so dass wir uns ernsthaft mit einer Absage beschäftigt haben. Allerdings hatten wir die Zugfahrkarte nach Winterberg schon gekauft und auch eine kostenlose Stornierung unserer ersten Unterkunft war nicht mehr möglich. Und da wir unseren Euros nicht böse sind, haben wir uns entschlossen, einfach mal loszufahren und zu sehen, wie weit wir kommen.

Soviel vorab: das war eine sehr gute Entscheidung!

Also gibt es hier nun einen Bericht über eine wunderschöne Zeit auf dem

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Im Grunde genommen, wusste ich ja schon, was auf uns zukommen wird. Denn bereits 2007 bin ich den Weg schon mal mit einem Freund gefahren. Damals die gut 230 km aber in nur drei Etappen. Das war schon eher Sport denn eine gemütliche Tour.

Das wollten wir nicht. Wir sind schließlich älter geworden und außerdem wollten wir links und rechts des Weges auch mal was sehen. Mehr als rund 50 km pro Tag sollte es nicht werden.

Der Radführer von Kompass (damals hatte ich den von Bielefelder Rad Spiralo, der war besser!) bot eine Tour in sechs Etappen an. Wir wollten in fünf durchkommen und das hat auch problemlos gepasst.

Geplant hatten wir die Etappen Winterberg – Meschede, Meschede- Echthausen, Echthausen – Herdecke, Herdecke – Kettwig und Kettwig – Duisburg.

Da wir aber lange nicht Rad gefahren sind, wussten wir natürlich nicht, wie lange wir durchhalten würden und über die Wetterunsicherheiten habe ich schon geschrieben. Wir haben also nur das Hotel in Winterberg vorgebucht und wollten Tag für Tag entscheiden, wo wir übernachten. Das hat nicht immer nach Plan geklappt, war aber insgesamt problemlos.

Mit dem Zug ging es von Bielefeld über Dortmund nach Winterberg. Im Regionalexpress ist immer gut Platz für uns und unsere Räder gewesen.

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In Winterberg angekommen, ging es von Bahnhof erstmal drei Kilometer bergauf zu unserer Unterkunft im Big Mountain Resort. Wir waren im Gästehaus untergebracht, einfach aber sauber und gut mit freundlichem Personal.

Der Blick am nächsten Morgen aus unserem Fenster machte sofort Lust auf das, was vor uns lag.

Big Mountain Resort

Winterberg

Nach einem wirklich tollen Frühstücksbuffet ging es los. Zunächst zurück zum Bahnhof und von dort gut 3 km hoch zur Ruhrquelle und dem eigentlichen Kilometer 0.

An der Ruhrquelle

An der Ruhrquelle

Kaum zu glauben, dass aus diesem Rinnsal mal ein Fluss wird, nach dem eine der bedeutendsten Industrieregionen benannt wurde.

Es geht über Forst- und Waldwege nahezu nur bergab Richtung Olsberg. Bis dahin hat man 330 Höhenmeter verteilt auf gut 20 km abwärts hinter sich gebracht. Hinter fast jeder Kurve wartet ein neuer, wunderschöner Ausblick in das Sauerland.

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Man fährt durch kleine Dörfer wie das Golddorf Assinghausen und staunt über diese schönen und gepflegten Ortschaften.

Hier mündet auch die Neger in die Ruhr. Die Neger führt an der Mündung deutlich mehr Wasser und ist auch 8 km länger als die Ruhr. Muss nicht der größere Fluss den Namen weiter führen? Wenn man das zu Ende denkt, würde das Ruhrgebiet ja heute auch anders heißen 😀 aber ich schweife ab…..

Olsberg ist laut Karte das erste Etappenziel, für uns sollte es aber noch weiter Richtung Meschede gehen. Das Wetter spielte mit und Beine und Hintern waren auch noch nicht am verzweifeln.

Hinter Olsberg wechselt die Ruhr ihre Fließrichtung von Nord auf West und es geht über Nuttlar und Bestwig nach Meschede. Auf der Karte sieht das harmlos aus, aber ich kannte das von früher. Es gibt einen Abschnitt, der führt hoch zur A46. Nicht lang aber steil ist das ein Teil, der den Profis vorbehalten sein sollte. Wir Amateure sind kläglich gescheitert und schoben unseren Drahtesel den Berg hoch. Zugegebener Maßen nicht das einzige mal auf der Tour.

Aber auch das ging vorbei und bald erreichten wir unser Tagesziel Meschede. Am Ortseingang lachte uns das Werbeschild eines Landgasthofs an. Leider war dort bereits alles ausgebucht. Ein freundlicher Handwerker empfahl uns einige Hotels in Eversberg, aber dahin ging es wieder steil bergauf. Nein danke! 🙂

Nach ein wenig rumtelefonieren haben wir uns letztendlich für den Jagdgasthof Dickel am Hennesee entschieden. Auch hier sehr nette Gastgeber und quasi Familienanschluss für uns. Wir haben viel über Gastronomie und Jagd gelernt.

Landgasthof Dickel, Meschede

Landgasthof Dickel, Meschede

Wir waren recht früh da, denn das Regenradar zeigte uns ab 14 Uhr Dauerregen. Um 14:08 Uhr ging es tatsächlich los und wir mussten die letzten Kilometer etwas Wasser von oben aushalten. Aber es reichte nicht, um wirklich nass zu werden und am nächsten Morgen war alles vergessen. Ab 10 Uhr hörte es auf zu regnen und wir konnten weiter.

Unser Tagesziel war das 52 km entfernte Echthausen. Wie bereits von Olsberg nach Bestwig führte auch ein Großteil dieser Strecke neben vielbefahrenen Straßen vorbei. Diese Abschnitte gehören definitiv nicht zu den Höhepunkten des Ruhrtalradweges.

Letztendlich wird man aber immer wieder durch solche Abschnitte entschädigt:

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In Freinohl kamen wir an der alten Dehler-Werft vorbei. Früher wurden dort hochwertige Segelboote gefertigt. Vor einiger Zeit habe ich gehöhrt, dass die Angestellten das nach der Insolvenz in eigener Regie weiter geführt haben. Hoffentlich klappt das besser, als die Anlegemanöver bei diesem Exemplar 😉

Dehler Werft, Freinohl

In Arnsberg macht der Weg eine Schleife um die hoch über der Ruhr liegende Altstadt. Dort war ein streetfoodmarket und da Mittagszeit war, genau unser Ziel. Schön und lecker war es.

Streetfood Markt Arnsberg

Streetfood Markt Arnsberg

An der Hüstener Kirmes vorbei…

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… erreichten wir Neheim. Hier versuchten wir an unserem geplanten Etappenziel in Echthausen im einzigen Gasthof ein Zimmer zu organisieren. Leider war auch hier alles ausgebucht. Erstaunlich, was an Wochenenden auf den Dörfern so los ist.

Also blieben wir in Neheim und fanden dort auch ein freies Zimmer im Hotel PeMü. Unsere Empfehlung: wer mal in der Nähe ist, möge dort übernachten. Ein uraltes Haus seit 2010 im Besitz der Familie Hassel und ausgesprochen liebevoll eingerichtet und geführt. Alle Zimmer haben ein Motto. Im Haupthaus Themen wie Orient, Toscana, Sauerland…. Im recht neuen Anbau die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde, Luft.

Wir konnten uns zwischen Orient, Toscana und Luft entscheiden und haben die Toscana gewählt. Hier mal ein paar Impressionen

Hotel PeMü, Zimmer Toscana

Hotel PeMü, Zimmer Toscana

Nach einem ausgiebigen Frühstück mit frisch zubereitetem Rührei und frisch aufgeschnittener Wurst und Käse ging es gut gestärkt auf Etappe 3.

Diese startete mit der Überquerung der Möhnemündung. Für mich als altem Soester natürlich ein besonderer Ort.

Möhnemündung

Möhnemündung

Auf dieser Etappe zu unserem Tagesziel Herdecke verließen wir das Sauerland und erreichten das Ruhrgebiet.

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Über Wickede (Ruhr) und Fröndenberg (der Ort unseres ersten Stopps vor 10 Jahren) ging es nach Schwerte.

Dort riefen unsere Mägen zur Mittagspause und oh Wunder, es war wieder ein Stadtfest. Auf jeden Fall eine gute Gelegenheit, satt zu werden.

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Das Bild täuscht übrigens nicht: die Sonne schien!

Vorbei an der Lennemündung erreichten wir den Hengsteysee und damit den östlichsten der Ruhrgebietsseen.

Lennemündung

Lennemündung

Hengsteysee und Koeppchenwerk

Hengsteysee und Koeppchenwerk

In Herdecke war für uns Schluss und unser Quartier war wie geplant der Rheinische Hof. Nichts besonderes, aber auch hier sehr nette Gastgeber.

Rheinischer Hof, Herdecke

Rheinischer Hof, Herdecke

Mittlerweile sind wir ja im Ruhrgebiet angekommen, aber die Szenerie veränderte sich nicht wirklich. Auch wenn viele in der Republik noch immer meinen, das Ruhrgebiet sei trist und öde, nur Industrie und Beton, sei hier nochmal betont, dass das ein nicht mehr haltbares Vorurteil ist.

Bereits auf unseren Boottörns auf dem Rhein-Herne-Kanal bin ich über das unfassbare Grün ins schwärmen gekommen. Wer das mal nachlesen möchte, findet das zum Beispiel hier:

Rhein-Herne-Kanal im Juni 2016

Für uns ging es heute von Herdecke nach Essen-Steele.

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Wie man an diesem herrlichen Viadukt sehen kann, ist der Ruhrtalradweg durchaus auch was für Eisenbahnromantiker. Es fährt auch eine Museumseisenbahn ein gutes Stück durch das Ruhrtal.

Vorbei an Witten ging es zum Fuße der Burg Hardenstein. Dort wird in der Saison per Fähre das Flussufer gewechselt. Außerhalb der Saison muss man gut 2 km vorher über eine Brücke. Es ist aber alles gut ausgeschildert und eigentlich nicht zu verfehlen.

Fähre an der Burg Hardenstein

Fähre an der Burg Hardenstein

Kaum am anderen Ufer angekommen, hat uns der erste Schauer des Tages erwischt. Aber unter den Bäumen des Biergartens an der Schleuse war das gut auszuhalten. Es sollte ja nicht der letzte Schauer des Tages gewesen sein.

Schleuse, Bootsgasse und Wehr an der Burg Hardenstein

Schleuse, Bootsgasse und Wehr an der Burg Hardenstein

Am Kemnader See hat es uns dann aber zum ersten und auch einzigen Mal richtig erwischt. Wir waren gerade unter der A43 durch, als es urplötzlich aus Eimern schüttete. Wir konnten uns gerade noch unter einen Baum flüchten und alles Gepäck und auch uns regensicher zu machen, als auch das Blätterdach keinen Schutz mehr bot. So standen wir im Regen und warteten, dass es wieder aufhört. An ein weiter oder zurück zur Autobahnbrücke war nicht zu denken.

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Kurz danach schien aber schon wieder die Sonne, als wäre nichts geschehen.

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So ging es Kilometer um Kilometer weiter, bis wir zur Mittagszeit in Hattingen angekommen sind. Der Magen meldete sich und was liegt da näher, als in dieser wunderschönen Altstadt was leckeres zu schnabulieren.

Frisch gestärkt ging es weiter zu unserem Etappenziel in Essen-Steele. Hier muss ich mal meckern. Steele ist auch das im Kompass-Fahrradführer angegebene Etappenziel. Nur: es gibt in Steele so gut wie keine Übernachtungsmöglichkeit! Man müsste mit der S-Bahn weiter in die Innenstadt fahren. Wir haben dann ein Appartmenthaus (Apart Hotels Petul) gefunden. Zwar ohne Frühstück aber dafür alles gut und sauber. Kontakt geht aber nur über das Telefon. Da ist niemand vor Ort. Nur die Fahrräder mussten wir über Nacht in einer Seitenstraße an einen Baum ketten. Es ist aber alles gut gegangen.

Etappe 5: Endspurt! Wie heißt das bei der Tour de France? Tour d’honeur, wenn ich mich nicht irre.

Der Rhein bei Duisburg war das Ziel. Davor warteten aber noch 50 km auf uns und unsere Räder. Mittlerweile hatten wir uns an die Strampelei ja schon sehr gut gewöhnt und nicht jeder Anstieg lies uns mehr verzweifeln.

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Vorbei an der zornigen Ameise, (die Bootsfahrerkollegen unter meinen Lesern werden wissend nicken) dem Ende des für uns schiffbaren Teils der Ruhr, ging es zum Baldeneysee. Da wir unser Frühstück heute Morgen in Steele in einer Bäckerei einnehmen mussten, überfiel uns recht zeitig Kaffeedurst. Mit nur einer Tasse am Morgen kann man mit uns beiden keinen Staat machen.

Da kam uns Haus Scheppen (wie ich gelernt habe, ein durchaus angesagter Motorradtreff) gerade recht. Und gerade angekommen, gab es wieder einen kurzen Schauer. Der war uns aber egal, wir saßen unter Dach vor einem leckeren Kaffee.

Haus Scheppen, Baldeneysee

Wir konnten relativ schnell weiter und entdeckten bald die Villa Hügel. Ein Ort deutscher Industriegeschichte mit allen Höhen und Tiefen, die unser Land zu bieten hat.

Villa Hügel

Villa Hügel

Ich habe vor kurzem den Mehrteiler „Die Krupps“ im Fernsehen gesehen. Eine Verfilmung mit Iris Berben. Empfehlenswert!

In Werden kamen wir dann an meinem Lieblingspegelhäuschen vorbei. Die Bemalung fand ich schon vor 10 Jahren toll. Sie wurde zwar verändert, ist aber noch immer nett anzusehen.

Pegel Werden

Pegel Werden

Auf der Strecke kommt man immer wieder an ganz alten Schleusen vorbei. Für uns als Skipper natürlich ein Muss, uns diese immer genau anzusehen.

Schleusen

Unter der A52 hindurch erreichten wir bald Mühlheim…..

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…mit seinem imposanten Wasserbahnhof.

Wasserbahnhof Mühlheim

Wasserbahnhof Mühlheim

Ab dort wird es dann wirklich industrieller und man radelt nicht mehr nur durch Wald und Flur.

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Bald darauf erreichten wir auch schon den Rhein-Herne-Kanal mit der Schleuse Meiderich, die aber zur Zeit nicht in Betrieb ist. Der Verkehr wird links über den Verbindungskanal zur Ruhrschleuse geleitet.

Schleuse Meiderich

Schleuse Meiderich mit Verbindungskanal zur Ruhr

Über die Ruhrschleuse und Wehr hinweg….

Ruhrschleuse

Ruhrschleuse

…gab es auf dem Radweg bereits den klaren Hinweis auf das nahende Ende unserer Tour.

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Und kurz danach war Rheinorange auch schon in Sicht.

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Nach 232 km nur auf dem Ruhrtalradweg haben wir unser Ziel erreicht.

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Natürlich haben wir zünftig auf unsere Leistung angestoßen und uns ordentlich gefeiert. Meine treuen Leser werden verstehen, dass ich davon hier keine Fotos einstellen werde 😉

Wir sind von dort aus noch 6 km zum Hauptbahnhof geradelt, wo wir auf den letzten Drücker unseren Zug nach Bielefeld bekommen haben. Vom Bielefelder Hauptbahnhof ging es nochmal gut 9 km bergauf nach Hause, wo wir geschafft aber sehr zufrieden angekommen sind.

Insgesamt sind wir mit allen Zu- und Abwegen 290 km geradelt und saßen 23,5 Stunden im Sattel. Nach anfänglichen Problemen kamen wir aber immer besser in Schwung und zum Schluss waren wir fast schon traurig, dass diese wunderschöne Tour tatsächlich schon zu Ende war. Das Wetter war überwiegend freundlich zu uns und bei Weitem nicht so schlimm, wie angedroht. Zum nachmachen empfohlen!

Danke fürs mitradeln.

 

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