Wie sich die Zeiten ändern! Früher hieß es Pfingsten immer auf zu „Rock am Ring“. Dann, als die Kinder da waren, waren immer Wohnwagen-Touren angesagt. Und nun, wo die Kinder groß sind, sind aus den vielen, die wir früher waren noch Uwe und ich übrig geblieben und wir wollten alte Traditionen pflegen. So entstand die Idee für einen Herrentörn.
4,5 Tage hatten wir Zeit. Genug für die Strecke Meppen – Bourtange und zurück. Von der Strecke nach Bourtange hatte ich schon viele schöne Geschichten gehört. Es geht ab Ter Apel über den Ruiten-Aa-Kanaal, auf dem alle Brücken und Schleusen selbst zu bedienen sind. Man leiht sich im Vorfeld einen Sleutel, mit dem in der ganzen Provinz Groningen kleinere Kanäle selbstbedient befahren werden können. Das Pfand von 35 € bekommt man anschließend wieder zurück. So viel vorab: die schönen Geschichten sind alle wahr!
Da wir erst Mittags losfahren konnten und somit erst am Nachmittag am Boot waren, haben wir die erste Nacht noch im Hafen verbracht. Mit Einräumen und Umgebung entdecken (zugegeben, es war nur ein Biergarten in Hafennähe, den wir entdeckt haben) waren wir für den Tag auch zufrieden.
Irgendwas hatten wir aber übertrieben. Keine Ahnung, was das war. Auf jeden Fall sind wir erst spät, sehr spät am nächsten Tag losgekommen, was später Folgen haben sollte.
Die Sonne schien und der Yachthafen liegt im Kielwasser.
Die ersten Kilometer ginge es die Ems zu Tal und durch die Schleuse Hüntel
nach Haren/Ems in den Haren-Rütenbrock-Kanal, der uns in die Niederlande bringen sollte.
Die Anmeldung dort erfolgt immer telefonisch bei der Schleuse 1, von der auch alle Brücken und Schleusen des Kanals fernbedient werden.
Hier holte uns unsere Trödelei des Morgens ein! Zwar kamen wir noch durch die Schleuse,
doch an der Brücke Wesuweer Str. war dann Schluss: Mittagspause.
Aber dort ist ein schöner Steg zum anlegen und wer seine Versorgungslast noch auffüllen muss, findet direkt neben an einen Aldi.
Nach einer Stunde Wartezeit ging es dann für uns auch weiter.
Dummerweise habe ich die zwei Yachten, die pünktlich zur Brückenöffnung aufkamen vorgelassen. Da habe ich nicht mitgedacht, denn an der nächsten Schleuse war für uns kein Platz mehr und wir mussten warten.
Wir mussten wirklich brav am Steg warten, denn ein verlassen war nicht möglich. Da war eine Kette und da kam man nicht durch 😉
Brücke um Brücke und Schleuse um Schleuse ging es dann auch für uns weiter Richtung Ter Apel.
Die unteren Bilder zeigen schon die Grenzschleuse. Direkt dahinter ist eine Straßentankstelle mit Bootsanleger, an der es den Schlüssel für den Ruiten-Aa-Kanaal gibt.
Allerdings holte uns hier schon wieder unsere Trödelei des Morgens ein. Es war 16:55 Uhr und die Brücken und Schleusen bis zu unserem Tagesziel Yachthaven De Runde in Ter Apel werden nur bis 17:00 Uhr bedient. Also haben wir uns vorher schon überlegt, nicht an der Tankstelle anzulegen und zu hoffen, dass wir noch bedient werden.
Allerdings lagen vor der ersten Brücke in der alten, offen stehenden Schleuse bereits unsere beiden Begleiter, die ich in Haren vorgelassen hatte.
Die lagen da schon eine halbe Stunde und nichts tat sich. Alle Telefonnummern, die so bekannt waren, wurden durchtelefoniert, aber außer Anrufbeantwortern wurde auch keiner erreicht. Offensichtlich vorzeitiger Feierabend. Da nützte es auch nichts, dass die beiden vor uns sich im Vorfeld angemeldet hatten.
Wir haben als doch am Tanksteg festgemacht. Wieder eine Parallele zu unseren früheren Pfingsttouren, bei denen wir in jungen Jahren auch an der einen oder anderen Tankstelle übernachtet haben 😀
Aber so kamen wir wenigstens an unseren Schlüssel, Uwe konnte den Familienvorrat an Kaffeepads preisgünstig im Shop auffüllen und ein Eetcafe gab es da auch noch. Für uns war alles gut.
Am nächsten Morgen ging es dann fast pünktlich um 8:20 Uhr weiter.
Durch die 7te Verlaat ging es Richtung Ter Apel, wo wir eigentlich die Nacht verbringen wollten
und nach kurzer Fahrt haben wir schon die Eingangsbrücke zum Ruiten-Aa-Kanal erreicht. Also erstmal anlegen und schauen, wie es weiter geht.
Schwer war das nicht. Es ist alles gut beschrieben und auch als diejenigen, die nicht der niederländischen Sprache mächtig sind, kommen gut klar. Schlüssel rein, die Knöpfe in der richtigen Reihefolge drücken und schon hat mir der Brugwachter Uwe die Fahrt frei gemacht.
Nun kam für mich Neuland: Einhand ab und anlegen. Noch nie gemacht doch es klappte problemlos. Ein wenig Stolz kam auf 😉
Uwe wieder eingesammelt und schon lag die grüne Hölle vor uns.
Vorne sieht man schon ein Boot, das wir mit durch die Brücke genommen haben. Das hatte den Vorteil, das wir immer abwechselnd die Brücken und Schleusen bedienen konnten, mal die, mal wir und so die Anlegemanöver halbiert haben.
Die Bedienung der Brücken war immer unterschiedlich, mal elektrisch, mal manuell. Bei den manuellen musste man darauf achten, dass die elektromagnetischen Riegel immer gut geschlossen waren, sonst wurde der nächste Schritt nicht freigegeben.
Auch die Schleusen waren auch gut beschrieben und leicht zu bedienen.
An jeder Brücke und Schleuse steht auch eine Telefonnummer, falls mal irgendwas nicht funktioniert. Und das kommt vor. Auf der Hinfahrt war es eine Brücke und auf der Rückfahrt eine Schleuse, die ein Eigenleben entwickelt haben. Aber nach dem Anruf musste man nicht lange warten. Innerhalb einer Viertelstunde war Hilfe vor Ort und die Fahrt ging weiter, auch wenn mal das Handbuch bemüht werden musste.
Spannend waren auch die Poller, die zum festmachen in der Schleuse zur Verfügung standen. Um die Vorleine zu halten, musste man schon aufpassen.
Der Bourtangekanaal ist mit Vorsicht zu genießen. Sehr schmal, recht flach und mit allerlei Gestrüpp „verziert“.
Also Warschau! Aber man wird nach kurzer Fahrt mit dem schnuckeligen Hafen in Bourtange belohnt.
Direkt angeschlossen an einen sehr schönen Campingplatz und mitten im Ort gelegen.
Bourtange ist ein altes Festungsdorf, das in den 1980er Jahren vor dem Verfall gerettet und umfassend saniert wurde. Rund um einen kleinen Marktplatz ist das Dorf innerhalb der Festungswälle wirklich schön wieder hergestellt worden. Man ist aber sehr schnell durch. Von einem zum anderen Stadttor sind das nicht viel mehr als 200 Meter.
Am nächsten Tag ging es dann wieder den gleichen Weg zurück. Kurz vor Ter Apel gibt es dann noch ein Höhenhinderniss, von dem ich auf der Hinfahrt gar nichts erzählt habe:
Maximal 3,8 m, was kann das sein? In der Karte steht nichts……
Nach einer Kanalbiegung kam sie dann aber in Sicht: Eine Kabelbahn, um trockenen Fußes von einer Seite zur anderen zu kommen.
Tagesziel war dann der Yachthaven De Runde in Ter Apel, den wir diesmal auch ohne Probleme erreicht haben. Auch hier ein sehr schöner Hafen, recht groß, mit guter Gastronomie und sehr netten Wirten/Hafenmeister. Eine Empfehlung wert!
Den Abend haben wir noch in einem ägyptischen Restaurant in Ter Apel ausklingen lassen und am nächsten Tag ging es wieder zurück in den Heimathafen.
Nicht, ohne die Dieselvorräte für den nahenden Sommertörn aufzufüllen. 1,33 € für den Liter Diesel fand ich akzeptabel.
Die Rückfahrt war recht unspektakulär. An der Grenzschleuse war die Fahrkunst eines Kollegen vom WSA zu bewundern. Wenden auf engstem Raum in Perfektion.
Lediglich an der Schleuse Hüntel wurden wir ausgebremst, da sich auf den letzten Drücker noch ein Berufsschiff angemeldet hat und damit für uns kein Platz mehr in der Kammer war. Der Kollege kam mit soviel Dampf um die Ecke, dass er eine Steuerbordtonne gerammt hat. Dafür hat er sich auch einen ordentlichen Anpfiff vom Schleusenwärter eingehandelt 😀
Kurz danach waren wir auch schon in Meppen wieder fest. Viel erlebt und der Matrose Uwe hat für seinen ersten Törn auch hervorragende Arbeit als Smutje, Brug- und Sluiswachter und Leinenfee geleistet. Ich denke, eine Beförderung zum 3. Offizier ist durchaus denkbar.
Wie immer ein dickes Dankeschön fürs mitfahren.